Institutionelle Anlagen

Renditeberechnung von Private Equity – Warum ticken illiquide Anlageklassen anders?

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Autor
Christian Zoss

Illiquide Anlagen kennen keine direkte Bewertung durch die Märkte. Die Renditeberechnung wird zusätzlich durch den gestaffelten Abruf des Kapitals erschwert. Die Kombination zweier Methoden bietet eine Lösung für diese Problematik.

Investitionen in Private-Equity-Fonds haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Gemäss Datenanbieter Preqin haben sich Anlagen in Private-Equity-Fonds über die letzten zehn Jahre mehr als verdreifacht, von 370 Mrd. Franken im Jahr 2011 auf 1220 Milliarden 2021. Die hohe Nachfrage nach Private Equity – hauptsächlich von institutionellen Investoren – ist unter anderem durch das Tiefzinsumfeld und die historisch attraktiven Renditen von Private-Equity-Anlagen bedingt. Die Methoden zur Berechnung dieser Renditen geben oft Anlass zur Diskussion. Branchenstandard ist die Nutzung der internen Verzinsung (IRR, Internal Rate of Return) und von Multiples. Die praktische Bedeutung der IRR-Methode ist signifikant, da sie für Anlageformen mit flexiblen Zahlungsströmen zugezogen werden kann. 

Ablauf von Private-Equity-Investitionen

Im Gegensatz zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Obligationen rufen Private-Equity-Fondsmanager die Kapitalzusagen der Investoren verteilt über die ersten drei bis fünf Jahre ab (Kapitalabrufe) und investieren sie schrittweise in nicht-börsennotierte Unternehmen. Der Fondsmanager nimmt anschliessend Einfluss auf die Geschäftsstrategie der Unternehmen, um diese nach drei bis sechs Jahren profitabel zu veräussern. Sobald ein Unternehmensverkauf abgeschlossen ist, leitet der Fondsmanager die Verkaufserlöse als Rückzahlungen an die Investoren weiter (Kapitalrückführung). Nach dem Verkauf des letzten Unternehmens wird der Fonds liquidiert. 

Der gesamte Prozess dauert in der Regel zehn bis zwölf Jahre und führt für den Investor zu Beginn zu Kapitalabrufen und in den späteren Jahren zu Kapitalrückführungen. Während der Halteperiode bewertet der Fondsmanager alle Unternehmen im Fonds. Die Summe der Bewertungen aller Unternehmen im Fonds wird als Nettoinventarwert (NAV, Net Asset Value) bezeichnet. Der NAV steigt typischerweise zu Beginn der Laufzeit des Private-Equity-Fonds aufgrund der getätigten Investitionen und Aufwertung der Firmenbeteiligungen, bevor der Wert infolge der Veräusserungen der Unternehmen wieder sinkt.

Funktionsweise der IRR-Methode

Der IRR an einem Stichdatum berechnet sich basierend auf allen bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Kapitalflüssen sowie dem NAV zum Stichdatum. Der IRR ist der Zinssatz, bei dem die Summe der abgezinsten Kapitalrückführungen und des NAV dem Gesamtbetrag der abgezinsten Kapitalabrufe entspricht. Oder anders ausgedrückt: Der IRR ist der Diskontsatz, bei dem der Wert aller abgezinsten Kapitalflüsse und des abgezinsten NAV null ist. Sind zum Beispiel die Kapitalrückführungen plus der NAV gleich gross wie die Kapitalabrufe, so ist der IRR gleich 0%. Der IRR kann somit als durchschnittliche jährliche Rendite auf das investierte Fondskapital interpretiert werden. Bei dieser Interpretation ist der Teil «investiertes Fondskapital» zentral, da sich das investierte Fondskapital über die Zeit aufbaut und nicht wie bei traditionellen Anlageklassen bereits von Anfang an vollständig investiert ist.

IRR (Internal Rate of Return) und TVPI (Total Value to Paid In) haben sich über Jahre als die wichtigsten Kennzahlen zur Renditebestimmung von illiquiden Anlageklassen wie Private Equity etabliert und bewährt.

Der IRR berücksichtigt die zeitlich flexiblen Zahlungsströme von Kapitalabrufen und Kapitalrückführungen. Die unterschiedlichen Zeitpunkte der Kapitalabrufe und Kapitalrückführungen können vom Private-Equity-Fondsmanager gesteuert werden und sind entsprechend im IRR einkalkuliert. Die zeitgewichtete Rendite, die oft für traditionelle Anlagefonds verwendet wird, eignet sich nicht zur Beurteilung des Anlageerfolgs von Private-Equity-Fonds, denn die zeitgewichtete Rendite wird um die Zahlungsströme bereinigt und ist somit unabhängig von den Zahlungsströmen. 

Multiples als zweite Kennzahl

Wie bereits erwähnt, sind neben dem IRR auch Multiples wichtige Performancekennzahlen für Private-Equity-Fonds. Weit verbreitet ist der TVPI Multiple (Total Value to Paid In). Dieser ergibt sich, wenn die Kapitalrückführungen zum aktuellen NAV addiert werden und durch die Summe der Kapitalabrufe dividiert wird. Im Gegensatz zum IRR berücksichtigt der TVPI den Zeitpunkt der Zahlungsströme nicht. Der TVPI ist deshalb einfach zu berechnen und verstehen. Ein TVPI von 2 bedeutet beispielsweise, dass der Fondsmanager das Kapital der Investoren verdoppelt hat. Ein TVPI von 1 heisst, dass der Fonds noch keine Renditen erzielt hat (und deshalb einen IRR von 0% hat).

Gesamtbild umfasst mehrere Faktoren

IRR und TVPI haben sich über mehrere Jahre als wichtigste Kennzahlen zur Renditebestimmung von illiquiden Anlageklassen wie Private Equity etabliert und bewährt. Um ein Gesamtbild der Performance eines Private-Equity-Fonds zu erhalten, sollten immer mindestens diese beiden Kennzahlen zusammen in Betracht gezogen werden. Denn abhängig von der Halteperiode der Investitionen können Fonds mit identischem IRR sehr unterschiedliche TVPI haben: Weist ein Private-Equity-Fonds einen IRR von beispielsweise 20% aus und beträgt die Halteperiode der Investitionen im Durchschnitt fünf Jahre, so ist der TVPI des Fonds in etwa 2.5. Beträgt die durchschnittliche Halteperiode aber nur drei Jahre, so ist der TVPI nur rund 1.7. Aus diesem Grund wird Investoren in Private-Equity-Fonds empfohlen, die Performance eines Fonds mithilfe beider Kennzahlen zu evaluieren.

Typischerweise liegt der TVPI eines Fonds in den ersten ein bis zwei Jahren unter 1, weil die getätigten Investitionen noch zu den Anschaffungskosten gehalten werden und der Manager dem Fonds bereits Verwaltungsgebühren belastet. Sobald die ersten Aufwertungen der Firmenbeteiligungen erfolgen, steigt der TVPI über 1. Mit den Veräusserungen wächst der TVPI oft weiter, da Fondsmanager ihre Investitionen meist konservativ bewerten, um bei der Veräusserung eine weitere Wertsteigerung verzeichnen zu können. Diese typische Kurve des TVPI – unter 1 am Anfang und ansteigend danach – wird in Private Equity auch als J-Kurve bezeichnet. 

Die Manager bewerten selber

Weil die Bewertungen vom Fondsmanager selbst angestellt werden, wird der IRR oft kritisch hinterfragt. Die Fondsmanager stützen sich üblicherweise auf die International Private Equity Valuation Guidelines (IPEV). Diese Richtlinien reduzieren den Spielraum des Fondsmanagers bei der Bestimmung der Bewertungen. Die Investments werden in den ersten zwölf Monaten nach dem Kauf typischerweise zum Anschaffungspreis bewertet. Danach werden Bewertungsansätze auf Grundlage der Discounted-Cashflow-Methode, vergleichbarer Transaktionen oder bestimmter Börsenkennzahlen eingesetzt. Die Bewertungen werden in den meisten Fällen auch mindestens einmal pro Jahr von einem Wirtschaftsprüfer abgesegnet. Trotzdem hat der Fondsmanager ein gewisses Mass an Spielraum bei der Bestimmung der Bewertungen. Am Ende der Laufzeit des Fonds, wenn alle Unternehmen veräussert sind und der NAV deshalb null ist, spiegelt der IRR die tatsächlich realisierte Performance des Fonds wider.

Christian Zoss
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Christian Zoss
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